Der Kontext der Organisation beschreibt interne sowie externe Themen, die sich auf das Qualitätsmanagement System von Unternehmen auswirken können. In vielen Unternehmen hat das Qualitätsmanagement dabei wenig mit der gelebten Praxis gemein – viel Mitarbeiter trennen beide Aspekte gedanklich voneinander. So werden beispielsweise nicht plausible Prozesse mit dem Satz „Das will das Qualitätsmanagement von uns.“ abgetan. Grund für diese Trennung ist, dass das QM oftmals neben der alltäglichen Praxis herläuft. Für die Wirksamkeit des Qualitätsmanagement ist eine solche Verzahnung jedoch unerlässlich.
Um diesem Problem entgegenzuwirken, finden wir in der QM Norm ISO 9001 bestimmte Anforderungen, durch die die Ermittlung des Kontextes sowie die Festlegung des Anwendungsbereiches besser in der Praxis umzusetzen sind. Der Abschnitt „Kontext der Organisation“ ist gemäß der standardisierten High Level Structure zudem ein fester Bestandteil der ISO-Grundstruktur für Managementsysteme. Durch die neuen Anforderungen an den Anwendungsbereich müssen Unternehmen, die ein QM System gemäß ISO 9001 führen oder implementieren möchten, weiterhin über ihren Tellerrand hinaus blicken.
Welche Anforderungen stellt die ISO 9001 an den Kontext der Organisation?
Hinsichtlich der Kontextermittlung fordert die ISO 9001, dass Unternehmen die Einflussfaktoren, welche für sie relevant sind und sich auf die Fähigkeit auswirken, die beabsichtigen Qualitätsziele zu erreichen, bestimmen und bewerten. So sollen die Unternehmen den „Sinn“ ermitteln – warum sie also tätig sind. Durch die Verbindung zur Strategie des Unternehmens und deren Umsetzung verdeutlicht die ISO 9001 hier auch nochmal den unternehmerischen Ansatz und die Verantwortung der obersten Leitung bei der Führung und Verwirklichung des Qualitätsmanagementsystems hervor.
Sind Einflussfaktoren relevant bedeutet dies, dass sie die Fähigkeit eines Unternehmens beeinflussen können, kontinuierlich Produkte bzw. Dienstleistungen zu liefern, die den Erwartungen der Kunden sowie den Anforderungen von Gesetzen und Behörden entsprechen. Die ISO 9001 unterscheidet bei den Einflussfaktoren zwischen internen und externen Themen:
Interne Themen…
… sind Faktoren, welche sich aus der Unternehmenskultur, den Werten oder auch der Unternehmensleistung ergeben könne.
Externe Themen…
… können sich aus wirtschaftlichen, kulturellen, gesetzlichen, technischen oder auch wettbewerblichen Zusammenhängen ergeben.
Die Erfüllung der ISO 9001 Anforderungen durchbricht Barrieren
Wie eingangs bereits erwähnt, muss die gedankliche Barriere zwischen dem Qualitätsmanagementsystem und der Praxis durchbrochen werden, um dabei die QM Regelungen wirksam umzusetzen. Die individuelle Situation des Unternehmens sollte daher sorgfältig analysiert werden, damit das Qualitätsmanagement individuell und anforderungsgerecht gestaltet werden kann. In der ISO 9001 sind im Abschnitt 4 „Kontext der Organisation“ Anforderungen zu finden, die zum Verständnis des Unternehmens und dessen Umfeld zwingend erfüllt werden müssen:
4.1 Bestimmung sowohl externer als auch interner Themen mit einer Relevanz
4.2 Interessierte Parteien sowie deren Anforderungen und Erwartungen verstehen
4.3 Anwendungsbereich des QM Systems ISO 9001 abgrenzen
4.4 Qualitätsmanagementsystem und seine Prozesse verwirklichen und aufrechterhalten
Mit den Festlegungen zu den Punkten 4.1 und 4.2 erhalten Sie dann die Begründung, warum das QM System im Hinblick auf die Punkte 4.3 und 4.4 so ist, wie es aktuell ist.
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Was sind „Interessierte Parteien“ im Zusammenhang mit dem Kontext der Organisation?
Der Begriff „interessierte Partei“ – im Englischen als Stakeholder bezeichnet – umfasst nicht nur die Kunden eines Unternehmens. Vielmehr sind hier laut ISO 9000 alle Personen bzw. Anspruchsgruppen gemeint, die einen (potenziellen) Einfluss auf die Qualitätsfähigkeit des jeweiligen Unternehmens haben können. Werden die Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien schließlich nicht erfüllt, kann dies laut Definition der ISO 9000 „ein erhebliches Risiko für die Nachhaltigkeit der Organisation darstellen“. Interessierte Parteien wirken sich somit direkt oder indirekt auf den Erfolg von Unternehmen aus. Um das Risiko zu minimieren, fordert die ISO 9001, dass interessierte Parteien sowie ihrer für das QM System relevanten Anforderungen zu ermitteln sind. Zu den interessierten Parteien zählen bspw.
- Kunden
- Eigentümer
- Mitarbeiter der Organisation
- Lieferanten
- Partner
- Banken
- Gesellschaft
Diese Interessensgruppen werden normalerweise ebenfalls in Anspruchsgruppen des internen und externen Bereichs untergliedert:
Interner Bereich…
… wird von der Organisation kontrolliert. Wer wirkt direkt an der Produkterstellung bzw. der Leistungserbringung mit?
Extern, naher Bereich…
… kooperiert mit der Organisation. Wer beeinflusst die Produktherstellung bzw. die Leistungserbringung?
Extern, ferner Bereich...
… ist indirekt mit der Organisation verbunden. Wer ist bzw. fühlt sich durch die Tätigkeiten der Organisation betroffen?
Die Verbindung der Organisation zu ihren interessierten Parteien ist oft dynamisch, d. h. dass sich bspw. die Positionen schnell ändern können. Aus diesem Grund ist zwingend erforderlich, dass die Organisation nachhaltige Prozesse implementiert, um die interessierten Parteien sowie ihre Erfordernisse und Erwartungen kontinuierlich überwacht werden. Die fortlaufende Überwachung der Stakeholder sollte auf einer strategischen Ebene erfolgen. Daher kann bei sich ändernden Anforderungen schnell mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden.
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Wie können wir den Kontext der Organisation nach ISO 9001 bestimmen?
Wenn Unternehmen den Kontext der Organisation ermitteln, erhalten sie durch die ISO 9001 Unternehmen viel Handlungsspielraum. Je nach Art sowie Größe des Unternehmens kann auf verschiedene Methoden zurückgegriffen werden. Als einfache Methode hat sich dabei die Kontextermittlung im Team bewährt. Dabei kann auf eine Checkliste mit diesen typischen Fragestellungen zu den internen und externen Themen zurückgegriffen werden:
- Was fordert der Markt?
- Sind gesellschaftliche Änderungen absehbar?
- Gibt es neue Verfahren bzw. Technologien, die uns betreffen?
- Sind also rechtliche Änderungen für uns relevant?
- Wie entwickeln sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen?
- Ergeben sich zudem Anforderungen an unsere Leistungsfähigkeit?
- Auf welchen Werten basiert unsere Unternehmenskultur?
- Sind interne Zusammenhänge bei uns relevant?
- usw.
Im Anschluss daran, kann die Checkliste mit Fragen zur Ermittlung der interessierten Parteien erweitert werden. Dabei sollte den Hauptanforderungen der interessierten Parteien ein besonderes Augenmerk geschenkt werden:
- Sind bestimmte Handlungsmuster der interessierten Parteien zu erwarten?
- Welche Strategien eignen sich zum Umgang mit den Stakeholdern sowie deren Anforderungen?
- Müssen wir bei der Lösungsfindung bestimmte Bedürfnisse beachten?
- Auf welche Konflikte sollten wir uns außerdem einstellen?
- Müssen eventuell Risiken bewältigt werden?
- Welche Erfolgsfaktoren sind dabei zu beachten?
- usw.
Der ISO 9001 Kontext der Organisation sollte grundsätzlich als gelenktes Dokument festgelegt und zudem im Unternehmen bekannt gemacht werden. Auf diesem Wege wird er zum effektiven Qualitätsmanagement Werkzeug, bspw. für die:
- Qualitätsplanung
- Festlegung der Qualitätspolitik
- Ableitung der Qualitätsziele
- Prozessoptimierung
- Orientierung der Mitarbeiter hinsichtlich der Sinnhaftigkeit der Tätigkeit
- Berücksichtigung von Risiken sowie Chancen
Bei der Ermittlung der Stakeholder sollte berücksichtigt werden, dass verschiedene interessierte Parteien unterschiedliche und zum Teil auch widersprüchliche Anforderungen an das Unternehmen stellen können. Es ist möglich, dass die Anspruchsgruppen der Organisation wohlwollen und fördernd oder skeptisch und hinderlich gegenüber stehen.
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Der Kontext der Organisation ist für den Anwendungsbereich zu berücksichtigen
Nachdem die internen und externen Themen sowie die interessierten Parteien und deren Anforderungen bestimmt wurden, gilt es, den Anwendungsbereich des Qualitätsmanagementsystems zu definieren. Die ISO 9001 fordert im Abschnitt 4.3, dass hierbei die internen und externen Themen aus Abschnitt 4.1, die Stakeholder aus Abschnitt 4.2 sowie die von der Organisation erzeugten Produkte und Dienstleistungen berücksichtigt werden. Dabei muss der Anwendungsbereich des QM System als dokumentierte Information verfügbar sein und aufrechterhalten werden.
Prozessschritte bei der Definition des Anwendungsbereichs des ISO 9001 QM Systems
Um das systematische Vorgehen bei der Festlegung des Anwendungsbereich des QM Systems sicherzustellen, bietet es sich an, eine Prozessbeschreibung zu erstellen. In dieser wird Schritt für Schritt das Vorgehen bei der Ermittlung des Kontextes sowie die jeweiligen Zuständigkeiten beschrieben. Die wesentlichen Schritte sind dabei:
- Identifikation sowie Interpretation der internen und externen Themen
- Identifikation interessierter Parteien sowie deren Anforderungen
- Definition des Anwendungsbereichs ISO 9001 auf Basis der ermittelten internen und externen Themen sowie der interessierten Parteien und deren Erfordernisse
- Dokumentation sowie Kommunikation der Ergebnisse als Grundlage des Qualitätsmanagementsystems
- Aktualisierung der Qualitätsplanung sowie regelmäßige Bewertung des Änderungsbedarfs
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