Das Mitbestimmungsrecht vom Betriebsrat sorgt häufig für Diskussionen. Erinnern Sie sich an die typischen Pressemeldungen, die zu jedem Jahresbeginn veröffentlicht werden? Durch die Gesellschaft für Deutsche Sprache wird z.B. das Wort des Jahres gekürt und parallel auch ein Unwort des Jahres gewählt. Unworte sind Wörter und Formulierungen aus der öffentlichen Sprache, die sachlich grob unangemessen sind und möglicherweise sogar die Menschenwürde verletzen. In einem Jahr erhielt der Begriff „betriebsratsverseucht“ den Zuschlag.
Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen „stört“ zwar viele Unternehmen, sagte der Sprecher der sprachkritischen Jury, Horst Dieter Schlosser, in Frankfurt. Diese als „Seuche“ zu bezeichnen, sei aber ein zumindest sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen. Diesen Entgleisungen von Abteilungsleitern einer Baumarktkette, stehen jedoch oft auch überzogene Interpretationen der Beteiligungsrechte von Betriebsräten gegenüber. Lesen Sie im Folgenden, welches Mitbestimmungsrecht Sie dem Betriebsrat in Zusammenhang mit dem Qualitätsmanagement einräumen sollten, bzw. müssen – damit es im Tagesgeschäft nicht eskaliert.
Die Basis der Beteiligtenrechte des Betriebsrats
Die Institution des Betriebsrates als betriebliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer und dessen Rechte und Pflichten wurden bereits in der Weimarer Republik im Betriebsrätegesetz von 1920 definiert. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstand das bis heute geltende Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), welches die aktuelle Ausprägung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats an den unternehmerischen Entscheidungen regelt.
Die Bandbreite vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat erstreckt sich dabei von den Informationsrechten über die Anhörungs- und Beratungsrechte mit Überwachungsaufgaben bis hin zum Recht der gleichberechtigten Mitbestimmung neben dem Unternehmer. Der Arbeitgeber wird durch dieses Mitbestimmungsrecht in seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt. Der Umfang der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erstreckt sich auf:
- soziale Angelegenheiten (§§ 85 I, III; 87 ff)
- personelle Angelegenheiten (§§ 92 ff)
- wirtschaftliche Angelegenheiten (§§ 106 ff)
Teilweise sind die Rechte freiwilliger Natur, teilweise sind sie jedoch auch erzwingbar.
An der Mitbestimmung Betriebsrat nach dem BetrVG führt kein Weg vorbei
Als Qualitätsbeauftragter QMB müssen Sie somit beachten, dass der Betriebsrat bei der Einführung und Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems an bestimmten Stellen zu beteiligen ist. Rechte zur Mitbestimmung sind zwingend und können durch QM-Normen, wie die DIN EN ISO 9001, nicht außer Kraft gesetzt werden! Ganz im Gegenteil, denn in den QM Normen suchen Sie vergeblich nach verbindlichen Regelungen bezüglich der Beteiligung der Arbeitnehmervertretung. Selbst die ISO 9001 enthält keine direkten Vorgaben hinsichtlich der Einbindung des Betriebsrats und der Zusammenarbeit zwischen dem QMB und Betriebsrat. In der ISO 9001 heißt es lediglich, dass der QMB mit Kunden und anderen interessierten Parteien über Fragen des Qualitätsmanagementsystems kommunizieren sollte.
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Unterschätzen Sie nicht den Einfluss des Betriebsrats
Nehmen Sie den Betriebsrat unbedingt ernst. Es könnte sich als Fehler erweisen, die Einflussmöglichkeiten vom Betriebsrat bei der Einführung und Umsetzung von Qualitätsmanagementaktivitäten zu unterschätzen. Dabei spielen nicht nur die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten eine Rolle. Zu den juristischen Faktoren kommen noch weitere, mindestens genauso wichtige Faktoren hinzu. Betriebsräte sind meistens betriebliche Machtpromotoren und besitzen in der Regel einen „direkten Draht“ zu den Mitarbeitern.
- Über den Betriebsrat können Sie als Qualitätsmanagementbeauftragter vor der Umsetzung von QM-Maßnahmen wichtige Informationen und ein unmittelbares Feedback aus Mitarbeitersicht bekommen.
- Sie können so etwaigen Bedenken, Vorbehalten oder Ängsten in der Belegschaft entgegensteuern, um die die Akzeptanz der QM-Maßnahmen bei den Mitarbeitern zu erhöhen.
Darüber hinaus genießt der Betriebsrat in vielen Fällen das Vertrauen der Mitarbeiter. Haben Sie also den Betriebsrat überzeugt, genießen auch Sie bei den meisten Mitarbeitern „einen Vertrauensvorschuss“. Dies gilt umso mehr, wenn Sie gemeinsam mit dem Betriebsrat wichtige QM-Maßnahmen verkünden und durchführen.
Grundsätzlich gilt:
Eine Einschränkung der Rechte des Betriebsrats ist gesetzlich nicht zulässig. Der Betriebsrat darf auch selbst nicht im Voraus auf gewisse Beteiligungsrechte verzichten! Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, kann zu deren Beilegung eine Einigungsstelle gebildet werden. Bei vom Betriebsrat erzwingbaren Mitbestimmungsrechten ist die Errichtung dieser Einigungsstelle sogar im Betriebsverfassungsgesetz geregelt.
Managen Sie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat
Als Qualitätsbeauftragter QMB müssen Sie die Beteiligungsrechte des Betriebsrats beachten. Daher müssen Sie vor jeder Maßnahme immer prüfen, ob und in welchem Umfang Sie den Betriebsrat im Rahmen der Qualitätsmanagementplanung oder -einführung beteiligen müssen. Sie dieses Wissen im Sinne eines Mitbestimmungsmanagements. Dabei sollten Sie wie folgt vorgehen:
- Identifizieren Sie die Beteiligungsrechte, die der Betriebsrats nach dem BetrVG hat.
- Binden Sie den Betriebsrat frühzeitig in Ihre Qualitätsmanagement-Maßnahmen mit ein.
- Erläutern Sie dem Betriebsrat Ihr Vorhaben möglichst verständlich. Vermeiden Sie z.B. missverständliches Fachvokabular und umschreiben Sie die Maßnahmen.
- Nehmen Sie die Anregungen sowie Bedenken des Betriebsrats ernst. Versuchen Sie seine Beweggründe zu verstehen.
- Versuchen Sie eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten, die für Sie sowie für den Betriebsrat tragfähig ist.
- Treten Sie gegenüber den Mitarbeitern als Team auf. Sprechen Sie als QMB und BR mit einer Stimme und lassen Sie sich nicht gegeneinander ausspielen.
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Die Probleme liegen im Detail – Ein Praxisbeispiel zum Mitbestimmungsrecht Betriebsrat
Die DIN EN ISO 9001 fordert eine Überwachung sowie Messung von Prozessen mittels geeigneter Methoden. Diese Methoden müssen dabei aufzeigen, dass die Prozesse in der Lage sind, die geplanten Ergebnisse zu erreichen. Um die Normanforderungen zu erfüllen, haben Sie in Ihrer Funktion als QMB mit viel Mühe gerade ein neues Datenerfassungssystem im Betrieb eingeführt.
Gerade jetzt, wo Sie die ersten Daten „ernten“ können, kommt der Betriebsratsvorsitzende an und behauptet, dass dies so gar nicht zulässig wäre. Und überhaupt habe er davon nichts gewusst, geschweige denn dem zugestimmt. Deshalb verlangt der Vorsitzende, dass Sie die Einführung des Erfassungssystems umgehend rückgängig machen und die bisher aufgelaufenen Daten vernichten. Die Gretchenfrage lautet nun wie so oft:
Darf er das oder schießt er hier über das Ziel hinaus?
Laut BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 6 ist die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers zu überwachen. Mitbestimmungspflichtige Beispiele hierfür sind:
- Kameras
- Telefonanlagen (mit denen Rufnummern erfasst sowie gespeichert werden können und die regelmäßig eine Mithörmöglichkeit eröffnen)
- Computeranlagen
- Personen-Zeiterfassungssysteme
- usw.
Eine Prozessüberwachung, die keine auf den einzelnen Arbeitnehmer rückführbaren Daten liefert, wie z.B. Durchlaufzeiten, ist somit nicht mitbestimmungspflichtig.
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